Erlebnisse




    Wir helfen

     

    Eine alte Dame, elegant gekleidet kommt in die Bahnhofsmission: „Bitte helfen sie mir“, stammelt sie, ganz außer sich und zitternd. Da hilft kein „Nun beruhigen sie sich bitte erst mal!“
    Die Dame ist gerade mit dem Zug in Würzburg angekommen. Sie hat ihre Handtasche zu Hause vergessen, mit der Fahrkarte, dem Geld, Schlüsseln, Ausweis…
    Die plötzliche Mittellosigkeit macht sie ganz hilflos: „Das ist mir noch nie passiert! Wie kann mir so etwas passieren? Dass ich mal in die Bahnhofsmission muss…“

    Erste naheliegende Frage: „Kennen sie jemanden in Würzburg, der ihnen helfen kann?“
    „Mein Sohn arbeitet hier, aber seine Arbeitsadresse und Telefonnummer sind doch in der Handtasche!“

    Aber sie kennt den Firmennamen. Ein Anruf im Firmensitz und ich kann Mutter und Sohn bald miteinander verbinden.
    Er kann sie beruhigen. Ich kann ihn beruhigen – dass seine Mutter selbstverständlich und ohne Probleme in der Bahnhofsmission auf ihn warten kann.
    Als der Sohn in seiner Mittagspause vorbeikommt, sitzt die alte Dame gemütlich im Aufenthaltsraum beim Tee, Sorte ‚Hausmarke’. Sie plaudert mit einer anderen alten Dame, die zu unseren Stammgästen zählt.

    Soziale Gegensätze spielen im Moment keine Rolle.
    Nur dass sie mal die Bahnhofsmission brauchen würde, das kann sie noch immer nicht fassen!


    Wir vermitteln

     

    Eines Morgens kommt O. in die Bahnhofsmission gestürmt. Im Schlepptau hatte er zwei mir unbekannte Männer: „Du musst sofort etwas unternehmen,“ verlangt er von mir. „Die beiden müssen nach Freistatt vermittelt werden. Aus denen kann nämlich noch was werden!“

    Freistatt ist eine Einrichtung, die Wohnungslosen Hilfe zur Wiedereingliederung anbietet.

    Der Ältere war Fernfahrer gewesen, bis er wegen einer Schlägerei in den Strafvollzug musste. Wieder entlassen ist er ohne Job und Wohnung. Der Jüngere hat eine Heimkarriere hinter sich. Seit zwei Jahren ist er obdachlos und schon aus einigen Hilfseinrichtungen wegen „eines kleinen Alkoholproblems“ heraus geflogen.

    Warum nicht versuchen? Ein Anruf nach Freistatt folgt.
    Man ist mit dem Kommen einverstanden. Geld für eine Reisetasche aus dem Kaufhaus “Brauchbar” ließ sich auftreiben. Mit Plastiktüten Zug fahren, das geht gar nicht.
    Am nächsten Morgen:
    Stolz zogen die beiden einen Trolley hinter sich her. Ich kaufe das Ticket und der Abschied ist herzlich.

    Nach etwa zwei Monaten erfahre ich:
    Der Ältere hat es tatsächlich geschafft, er konnte erfolgreich als Lkw-Fahrer vermittelt werden.
    Der Jüngere ist auf Grund “seines kleinen Alkoholproblems” aus Freistatt abgehauen.